Stadtnatur mit besonderer Artenvielfalt, 31. März 2023

Alles ist Diekmoor

Diekmoor Rahmenplan

Foto: Rettet das Diekmoor!

Im Landschaftsschutzgebiet Diekmoor sollen ca. 700 Wohnungen auf unversiegelten Grünflächen gebaut werden.

Am Dienstagabend stellte das Bezirksamt Nord seine Rahmenplanung vor. Etwa 200 Bürgerinnen und Bürger waren in die Pausenhalle der Fritz-Schumacher-Schule in Langenhorn gekommen.

Beim Eintreten in die gut gefüllte Halle fielen die 50 runden Schilder an Stöcken auf, die hochgehalten wurden. Darauf zu sehen war eine Auswahl der bedrohten Tiere, die in den Diekmoor-Kleingärten leben: Die Wasserfledermaus, Echter Widderbock, Scharlachroter Feuerkäfer, Nördlicher Kammmolch, Moorfrosch, Waldeidechse, Gelbe Wegameise, Gemeine Binsenjungfer, Baumfalke, Gelbspötter, Waldkauz.

Bezirksamtsleiter Werner-Boelz eröffnete die Veranstaltung mit dem Hinweis auf den zu schaffenden bezahlbaren Wohnraum, dann folgte ein 90 Minuten langer PowerPoint-Vortrag.

Die Folien waren bekannt aus der letzten Veranstaltung im September 2022. Viel hatte sich da nicht getan. Allerdings wurde nun das Gutachten zu Flora und Fauna, das bei der letzten Veranstaltung zwar schon vorlag, aber nicht zur Sprache kam, präsentiert. Es wurden Auszüge vorgestellt, und dabei erfuhren wir, dass die Gärten nicht betreten wurden.

Besonders wertvolle Biotope mit besonders schützenswerten Tieren

Laut dieses Gutachtens gibt es im gesamten Areal besonders wertvolle Biotope mit besonders schützenswerten Tieren: Eisvogel, Fitis, Grünspecht, Kuckuck, Sperber, Mäusebussard, Star, Teichralle. Braunes Langohr, Mückenfledermaus, Grasfrosch, Teichmolch, Prachtlibelle, Waldeidechse,  Ringelnatter. Außerdem erhaltenswerte Bäume wie die Stiel-Eiche, Hängebirke, Silberahorn (herausragend). Um nur einiges zu nennen. Die  außergewöhnliche Vielfalt des Gebietes konnte niemand leugnen.

Merkwürdig ist nur, dass in den Schrebergärten, die bebaut werden sollen, keine dieser Tiere oder Pflanzen gefunden wurden. Lag es daran, dass die Gutachter der Stadt nur von Außerhalb über die Gartenzäune spähten?

An mehreren Stellen hatten die Sachverständigen Empfehlungen formuliert. So darf z. B. das Rückhaltebecken nicht vergrößert werden, sondern es müssen an anderer Stelle neue Regenrückhaltebereiche hinzukommen. Der ausgewählte Bebauungsplan mit der Variante B sieht vor, dass das Rückhaltebecken doppelt so groß werden müsste.

Außerdem sollten die Gebäude, die ausschließlich in den Gebieten der Schrebergärten gebaut würden, möglichst kleine Fenster haben, damit die  besonders geschützten Vögel, die dann vielleicht trotzdem im Gelände leben, nicht gegen die Scheiben fliegen und sterben. Auch das wurde während der Veranstaltung nicht erwähnt.

Aber alles kein Problem. Denn die Planer und Planerinnen werden dafür sorgen, dass am Ende ein »städtebaulich, landschaftsplanerisch und  architektonisch vorbildliches Quartier« entsteht. Sie waren überzeugt davon, dass alles passt. 60 % geförderter – wenngleich damit nicht unbedingt  bezahlbarer – Wohnraum auf der grünen Wiese, überall wertvolle Biotope. 10 Fledermausarten, 20 Libellenarten, 7 Amphibienarten, 78 Vogelarten, davon 42 Brutvogelarten. Dass es da zu Zwischen- und Buh-Rufen seitens der Bürgerinnen und Bürger kam, ist verständlich. Neben mir raunte eine Frau: „Uns geht es gut, nur mit weniger Grün?!“

90 Minuten Vortrag bei einem nicht gewollten, mit einer Weisung durchgesetzten Bauvorhaben sind dann vielleicht auch zu viel. Für die Fragen der Anwesenden waren am Ende nur noch 30 Minuten Zeit. Diese wurden mit der immer gleichen Antwort versehen: „Das wissen wir noch nicht, das fließt in die Pläne mit ein“. Zum Schluss wurde noch einmal betont, dass die Variante B nur ein Testentwurf sei, und den Architekten als Vorlage für die Ausschreibung diene. Noch sei alles offen, außer dass gebaut werden soll.

Die Frage, wie die Stadt mit dem Gegengutachten der Initiative Rettet-das-Diekmoor!, das bei dem Tierökologen Dipl.- Ing. Micha Dudek in Auftrag  gegeben wurde, umgehen wird, wurde mit der Bitte beantwortet, dieses Gutachten bei der Bukea abzugeben. Damit es dort in die weiteren Pläne mit einbezogen und geprüft werden kann.

Übrigens: Im städtischen Gutachten wird versprochen, nicht auf Torf zu bauen. Entsprechende Bodenproben im Bebauungsgebiet konnte die Stadt noch nicht vorlegen. Aber auch bei Torfbeständen – die es durchaus gibt – wird bereits beschrieben, dass diese abgetragen werden, denn auf Torf baut es sich nicht gut.

In einer Zeit, in der täglich 150 Pflanzen- und Tierarten aussterben, die Erderhitzung schneller kommt als erwartet, wir uns auf einem 2,7-Grad-Erderwärmungskurs befinden, Überflutungen, Stürme, Dürren und Waldbrände immer häufiger werden, in einer Welt, in der die Klimakrise uns fest im Griff hat, das Meereis in der Nordpolarregion schmilzt, halten wir es für (lebens-) wichtig, dass solche grünen Oasen wie das Diekmoor bleiben. Die Menschen, die regelmäßig durchs Diekmoor gehen oder sich dort aufhalten, wissen, wer und was hier alles wohnt. Stadtnatur. Offline.

Und wenn die Kammmolche
im Dunkeln durch die Gärten schleichen,
mit einem feinen Lächeln im Gesicht,
dann ist alles Diekmoor.

Christine Brandt

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