Sabine Kofahl, 3.6.2024

Geheimmission Gutachten

Das Bezirksamt Hamburg-Nord hat auf die Fragen des Vereins Für ein grünes Hamburg e.V. zur laufenden Tier-Begutachtung im Diekmoor geantwortet. Das Amt muss zum zweiten Mal Gutachter in das Gelände schicken, weil das geplante Baugebiet im Erstgutachten gar nicht untersucht wurde – die Kleingärten waren nicht betreten worden.

Nach der Veröffentlichung des von uns in Auftrag gegebenen „Tierökologischen Fachgutachtens“ von Micha Dudek ließen sich Artenreichtum und -vielfalt in den Gärten nicht länger unter Bauplänen und schönen Worten über „nachhaltige Quartiere“ begraben.

Das Bezirksamt hätte das Gutachten von Herrn Dudek natürlich übernehmen und damit Steuergelder sparen können, aber man möchte lieber selbst gucken, ob all die Libellen, Amphibien, Fledermäuse usw. tatsächlich den Baggern zum Opfer fallen würden. Also sind seit dem Frühjahr erneut Gutachter auf der Suche. In geheimer Mission: Der Verein Für ein grünes Hamburg e.V. wurde nicht informiert, die Initiative Rettet das Diekmoor nicht, die dem Amt immerhin das „Tierökologische Fachgutachten“ zur Verfügung gestellt hat, die Kleingärtnerinnen und Kleingärtner nicht – top secret eben.

Also hat der Verein Für ein grünes Hamburg e.V. am 22.04.2024 nachgefragt, unter anderem:

  • Welche Stellen im Diekmoor sollen genau in welchem Zeitraum begutachtet werden?
  • Dazu gehört insbesondere die Frage nach den vorgesehenen Orten für die Kartierung der Insekten und Amphibien und die Frage, welche Insekten und Amphibien überhaupt kartiert werden sollen?

Das Bezirksamt- Hamburg-Nord antwortete am 10.05.2024:

„Hierzu werden auch die Kleingartenparzellen, so sie entsprechende Biotopstrukturen für die Arten aufweisen, untersucht.“

Nach Rücksprache mit den betroffenen Kleingärtnerinnen und Kleingärtnern, deren Parzellen die „entsprechenden Biotopstrukturen“ aufweisen, stellt sich die Lage der „Geheimmission Gutachten“ folgendermaßen dar:

Die Gutachter suchen die Kleingärten selten auf. Voranmeldungen gibt es kaum. Wenn ein Vereinsvorstand überhaupt von einem bevorstehenden Gutachtertermin erfährt, benachrichtigt er die anvisierten Pächterinnen und Pächter. Allerdings scheitern auch hier oft die Verabredungen: Die Pächter kommen beispielsweise für den verabredeten Vormittag, der Gutachter kommt aber entgegen der Terminvereinbarung erst nachmittags, wenn keiner mehr anwesend ist. Auf Nachfrage teilen die Gutachter mit, dass sie aufgrund zeitlicher Einschränkungen für die Untersuchung der Kleingärten nur begrenzt zur Verfügung stehen. Relevant für ihre Untersuchung seien insbesondere die Gebiete um das Rückhaltebecken. Nun sind das aber die Gebiete, die bereits ausführlich im ersten städtischen Gutachten untersucht wurden. Die Kleingärten, die der Bauplanung unterliegen und in denen die gefundenen Arten überwiegend leben, scheinen erneut zweitrangig.

Das Resultat einer solchen „Geheimmission“ wird an folgendem Beispiel deutlich:

Mitte Mai 2024 wurden die Eichen im Gelände massiv beschnitten – „aus Verkehrssicherungsgründen“ hieß es dazu aus dem Bezirksamt Hamburg-Nord. Der Schnitt sei im Mai erfolgt, da vorher kein Personal zur Verfügung gestanden hätte. Einmal abgesehen von dem unzulässigen Schnitt während der Vogelbrutzeit ergab ein Gespräch mit einer zufällig angetroffenen Gutachterin, dass in der Folgewoche die Fledermäuse kartiert werden sollen. Da die Tiere tagsüber in den Bäumen schlafen, wurden die Baumbeschneider auf die Problematik hingewiesen. Die Antwort lautete: Würden sie Tiere entdecken, würden sie nicht schneiden, und ansonsten würden die Tiere ja schlafen.

Es gehört wenig Sachverstand zu der Annahme, dass der – massive – Baumbeschnitt die Fledermäuse, die in den Bäumen leben, zumindest verjagt, wenn nicht gar getötet hat. Und das kurz vor der Kartierung. Ein Schelm, wer dabei denkt…

In der Juni-Ausgabe der Langenhorner Rundschau äußern sich die Parteien, die zu den Bezirkswahlen am 9. Juni antreten: Es geht um Einschätzungen zur Situation und Pläne für die Zukunft des Stadtteils Langenhorn. Auch die Zukunft des Diekmoors wird verhandelt.

Sehr lesenswert und eine echte Bereicherung für die eigene Wahlentscheidung.

Sabine Kofahl

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